VergabeWelt +++ August 2021 +++

VergabeWelt +++ August 2021 +++

Vergabeunterstützung fällt nicht unter Rechtsberatung!

Die VK Bund nimmt mit ihrem Beschluss vom 02.06.2021 (VK 2-47/21) Stellung zu einem seit langer Zeit strittigen Sachverhalt und stellt heraus, dass die Unterstützung eines öffentlichen Auftraggebers bei der Durchführung eines Vergabeverfahrens durch die weitgehend selbstständige Bearbeitung und Abwicklung des Verfahrens mit Ausnahme der Wertungsentscheidung keine Rechtsberatung darstellt.
Diese begrüßenswerte Feststellung der VK Bund lässt nunmehr Klarheit und Realität in die Vergabestelle einziehen und war – für uns als seit vielen Jahren etabliertes Beratungshaus im Bereich der Vergabeberatung und -unterstützung – längst überfällig.

Doch was war eigentlich passiert?

Ein öffentlicher Auftraggeber führt ein europaweites Vergabeverfahren zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung zur Unterstützung bei der Durchführung von nationalen und europaweiten Vergabeverfahren durch. Die ausgeschriebene Leistung umfasst laut der Leistungsbeschreibung die selbständige Vorbereitung und Durchführung von nationalen und europaweiten Ausschreibungen für verschiedenste Leistungsgegenstände. Ferner nimmt der Auftraggeber für diese Ausschreibung unter Ziff. II.1.2) der Auftragsbekanntmachung auf den CPV-Code „79418000 Beschaffungsberatung“ Bezug. Im Detail definiert der Auftraggeber den Leistungsumfang dahingehend, dass die Unterstützung die gesamte Durchführung des Vergabeverfahrens (von der Vorbereitung über die Bekanntmachung und Durchführung der Vergabeverfahren hin zu etwaig anfallenden Auskömmlichkeitsprüfungen), mit Ausnahme der Wertungsentscheidungen, umfasse.

Nach der erfolgten Bekanntmachung reicht ein Bewerber eine – in solch gelagerten Vergabeverfahren üblicherweise zu findende – Bieterfrage ein, wonach die Leistungserbringung unter Bezugnahme auf das Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (RDG) ausschließlich zugelassenen Rechtsanwälten vorbehalten sein dürfte, da die ausgeschriebenen Leistungen einer Rechtsberatungsleistungen gleichstünden. Bei dieser Annahme stützt der Bewerber sich auf die Einschätzung der für ihn zuständigen Rechtsanwaltskammer, welche hervorhebt, dass vor allem das Vorbereiten und Verhandeln von Verträgen, die Durchsicht von Aufgabenstellungen und Leistungsbeschreibungen in rechtlicher Hinsicht, die Erstellung von rechtskonformen Formularen, die Wertung von Teilnahmeanträgen und Angeboten auf Rechtsfehler eine rechtsanwaltliche Tätigkeit darstelle.

Dies nimmt der öffentliche Auftraggeber zum Anlass, um den Leistungsgegenstand erneut klarstellend zu definieren und beantwortet die Bieterfrage wie folgt:

„Es handelt sich nicht um Rechtsberatungsleistungen. Der Schwerpunkt liegt in der technischen Abwicklung des Vergabeverfahrens. Die Verfahrensregelungen ergeben sich aus dem nationalen und europäischen Vergaberecht. Dass der Schwerpunkt der Tätigkeit eindeutig in der Verfahrensdurchführung liegt, ergibt sich aus der Leistungsbeschreibung und der Zielrichtung des zu erstellenden Konzepts. Eine Rechtsberatung wird von dem Dienstleister nicht erwartet. Ferner bleibt die Entscheidung über vergaberechtliche Fragestellungen sowie die Wertungsentscheidungen dem öffentlichen Auftraggeber vorbehalten.“

Der Antwort zu Trotz rügt der Bewerber hinsichtlich des vorbezeichneten Verstoßes und beantragt die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens.

Rechtliche Würdigung

Die VK Bund weist den Nachprüfungsantrag als unbegründet zurück und stellt fest, dass der öffentliche Auftraggeber unmissverständlich klargestellt hat, dass er keine Rechtsberatungsleistungen beschaffen wolle. Zusätzlich behält sich der öffentliche Auftraggeber vor, Wertungsentscheidung sowie Bieterfragen mit vergaberechtlichem Kontext lediglich als Formulierungsvorschlag vom zukünftigen Auftragnehmer entgegenzunehmen und stellte klar, dass die letztendliche Entscheidung ihm selbst obliege.

In diesem Zusammenhang betont die VK Bund, dass die ausgeschriebenen Unterstützungsleistungen bei Vergabeverfahren auch nicht als Rechtsdienstleistungen i. S. d. § 2 RDG zu qualifizieren sind, da das Merkmal von Rechtsdienstleistungen – die rechtliche Prüfung eines Einzelfalls – nicht Gegenstand der Leistungserbringung sei.

Bemerkenswert ist, dass die VK Bund hierbei herausarbeitet, dass die abzuwickelnden Vergabeverfahren zwar Rechtskenntnisse voraussetzen, aber der Auftragnehmer lediglich die relevanten vergaberechtlichen Vorschriften – im Sinne einer ausgelagerten Vergabestelle – schematisch anwenden soll. Hintergrund des Beschaffungsvorhabens ist unmissverständlich die externe technische Entlastung des Auftraggebers sowie die Unterstützung und Entlastung eigener nicht ausreichender personeller Kapazitäten. Einer Rechtsberatung im Sinne des RDG zuwider soll der Auftragnehmer lediglich Recht anwenden, aber keine Rechtsfragen eigenständig lösen. Die hier gegenständliche Leistungserbringung umfasst daher Aufgaben wie etwa die Vollständigkeitsprüfung der Vergabeunterlagen, die Erstellung der vergaberechtlichen Dokumentation sowie die formale Auswertung der Angebote. Selbst bei der Prüfung eines unangemessen niedrigen Preises wird vom Auftragnehmer lediglich erwartet, dass er nur schematische Aufgaben übernimmt, da der Auftraggeber die relevanten Rahmendaten, wie etwa die Aufgreifschwelle, vorgibt. Im Ergebnis obliegen somit dem Auftraggeber etwaig relevante rechtliche Prüfungen – auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen des Auftragnehmers – selbst.

Ebenfalls nimmt die VK Bund Stellung zur Frage, inwieweit ein Verstoß gegen das Gebot, die ausgeschriebenen Leistungen nach § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB in zwei Fachlose, eines für Rechtsdienst- bzw. Rechtsberatungsleistungen und eines für kaufmännisch geprägte Vergabeberatungsleistungen aufzuteilen, vorliegt und erkennt kein Erfordernis zur Losbildung. Denn der öffentliche Auftraggeber geht zutreffend davon aus, dass er einheitliche beratende bzw. unterstützende Leistungen beschafft, die das Durchführen von Vergabeverfahren nach vergaberechtlichen Vorschriften betreffen, ohne Rechtsberatung bzw. Rechtsdienstleistungen im Sinne des RDG zu beinhalten.

Fazit

Wir begrüßen diese Entscheidung der VK Bund außerordentlich, da uns diese Fragestellung regelmäßig begegnet – und nunmehr Klarheit schafft.
Auf der Grundlage dieses Beschlusses erhalten öffentliche Auftraggeber Rechtssicherheit dahingehend, Beschaffungsvorhaben mit einem fachlich-technischen Schwerpunkt über befähigte Consultingunternehmen abwickeln zu können, ohne dabei stets die Frage nach einer vermeintlichen Exklusivität von rechtsanwaltlichen Beratungsleistungen beantworten zu müssen!

VergabeWelt +++ März 2021 +++

VergabeWelt +++ März 2021 +++

Compliance-Management-System – Wunderwaffe zum Nachweis der Zuverlässigkeit im Vergabeverfahren?!

Die Sicherstellung der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben, sog. Compliance, ist in Vergabeverfahren von zentraler Bedeutung. Dies gilt für öffentliche Auftraggeber und Unternehmen gleichermaßen, denn ein stetig steigendes Maß an Transparenz und Gleichbehandlung zur Sicherung eines fairen Wettbewerbs fordert die Einhaltung von externen Bestimmungen sowie internen Vorgaben und Richtlinien.

Als große Nachfragemacht stehen öffentliche Auftraggeber im Mittelpunkt des wirtschaftlichen Geschehens. Somit haben sie aber auch und insbesondere die Verpflichtung, die vielfältigen gesetzlichen Vorgaben durchzusetzen und damit ein transparentes und regelkonformes Vergabeverfahren durchzuführen.

Für Unternehmen ist Compliance – und damit einhergehend Gesetzestreue und Zuverlässigkeit – in Vergabeverfahren eine der wichtigsten Voraussetzungen, um öffentliche Aufträge zu erhalten. Rechtsverstöße können für Unternehmen zu strengen Restriktionen und damit schweren Folgen führen. Nach den §§ 123, 124 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) können dies u.a. Betrug, Bestechung und Geldwäsche, aber auch Verstöße gegen umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen sein. Möglich ist dies aber nicht nur im konkreten Vergabeverfahren, sondern auch dann, wenn frühere Aufträge bei öffentlichen Auftraggebern mangelhaft durchgeführt wurden.

Um Ausschlüsse im Vergabeverfahren zu vermeiden, sollten Unternehmen zunächst ein den Anforde-rungen entsprechendes Compliance-Management-System implementieren. So können Unternehmen besser sicherstellen, dass einschlägige Gesetze, interne Richtlinien und Arbeitsanweisungen allen Mitar-beitern bekannt sind und auch von diesen beachtet werden. Bei der Identifizierung der für das Unter-nehmen relevanten Regelungen im Hinblick auf vergaberechtliche Verfahren, helfen hier die Kataloge der §§ 123, 124 GWB. Wird im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens ein fakultativer Ausschluss-grund i.S.d. § 124 GWB festgestellt, könnte sich das Vorhandensein eines wirksamen Compliance-Management-Systems insoweit positiv auswirken, als der Auftraggeber dies in seine Entscheidung über einen Ausschluss vom Vergabeverfahren mit einbezieht. Grundsätzlich jedoch trägt ein wirksames Com-pliance-Management-System zu einer Verhinderung von Normverstößen für das Unternehmen bei.

Jüngst hatte sich der EuGH in einem Vorabentscheidungsverfahren mit der Frage auseinanderzusetzen, ob Art. 57 Abs. 6 der RL 2014/24/EU einer Praxis entgegensteht, in der ein Wettbewerber Nachweise über sog. self-cleaning-Maßnahmen unaufgefordert einreichen muss, um dem Auftraggeber zu beweisen, dass er trotz des Vorliegens eines Ausschlussgrundes die nötige Zuverlässigkeit aufweist, und, ob Art. 57 Abs. 6 RL 2014/24/EU unmittelbare, nationale Wirkung entfaltet.

Der EuGH stellte insoweit klar, dass eine Pflicht, derartige Nachweise unaufgefordert einzureichen, sich eindeutig und unmittelbar aus den Auftragsunterlagen oder aber aus einem Verweis auf die einschlägigen nationalen Regelungen ergeben muss. Gleichwohl bestätigte der EuGH in Anbetracht des bloßen Wortlautes des Art. 57 Abs. 6 RL 2014/24/EU, dass die den Wirtschaftsteilnehmern eingeräumte Möglichkeit, den Nachweis für ergriffene Abhilfemaßnahmen zu erbringen, ebenso aus eigenem Antrieb erfolgen kann. Dies gebiete neben den Grundsätzen der Transparenz, der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit, insbesondere der Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte. Auch zu der weiteren Frage hat sich der EuGH positioniert. Er stellte klar, dass es möglich ist, sich auf Bestimmungen einer Richtlinie vor den nationalen Gerichten zu berufen, wenn diese inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind und wenn die Richtlinie nicht fristgemäß oder unzulänglich in nationales Recht umgesetzt wurde. Sofern eine fristgemäße Umsetzung der Richtlinie 2014/24/EU daher in nationales Recht nicht erfolgt ist, entfaltet die Bestimmung des Art. 57 Abs. 6 unmittelbare Wirkung. Die Vorschrift ist inhaltlich unbedingt und hinreichend genau und sieht zugunsten der Wettbewerber einen Mindestschutz vor. Damit darf ein Wettbewerber nicht von einem Vergabeverfahren ausgeschlossen werden, wenn dieser zur Zufriedenheit des öffentlichen Auftraggebers nachweisen kann, dass die ergriffenen Abhilfemaßnahmen seine Zuverlässigkeit trotz des Vorliegens eines Ausschlussgrundes wiederherstellen.

Sich mit Compliance-Management auseinanderzusetzen ist damit nicht nur sinnvoll, sondern kann auch Ausschlüsse von Vergabeverfahren vermeiden.

Tipps für effiziente Telefonkonferenzen

Tipps für effiziente Telefonkonferenzen

Die gegenwärtige Ausnahmesituation stellt die Arbeitswelt vor bislang unbekannte Herausforderungen und erfordert mitunter die Erprobung neuer Arbeitsweisen, um eine Zusammenarbeit – beispielsweise zwischen öffentlicher Verwaltung und externen Dienstleistern – weiterhin zu ermöglichen. Eine nicht wirklich neue, aber äußerst populäre Form der Zusammenarbeit stellt hierbei die Telefonkonferenz dar. Auf Basis unserer Erfahrungen der letzten Wochen haben wir zehn Empfehlungen identifiziert, welche zu einer angenehmeren und vor allem effizienten Zusammenarbeit in Telefonkonferenzen beitragen können:

  1. Keine Telefonkonferenz ohne vorherige Agenda.
  2. Vorab ist ein*e Moderator*in zu benennen, welche*r die Gesprächsführung übernimmt
  3. Erst die Aufwärmphase, dann die Fachthemen.
  4. Eine vorab festgelegte Person erstellt ein Ergebnisprotokoll der Sitzung.
  5. Alle Teilnehmer*innen sollen zu Beginn des Gesprächs von der moderierenden Person genannt  werden oder sich selbst vorstellen.
  6. Wer nicht spricht, stellt das Mikrofon stumm.
  7. Die moderierende Person hält regelmäßig inne und erkundigt sich, inwiefern Rückfragen oder Unklarheiten bestehen.
  8. Jede Person, die sich zu Wort meldet, nennt Name und bei Bedarf Organisation, bevor sie ihren Beitrag beginnt.
  9. Je nach vorgesehener Länge werden feste Pausenzeiten vereinbart.
  10. Zum Abschluss des Gesprächs werden wesentliche Punkte kurz zusammengefasst und das weitere Vorgehen besprochen.

Haben wir etwas vergessen? Welche Empfehlungen sehen Sie als besonders wichtig an? Lassen Sie es uns bei einer unserer nächsten telefonischen Abstimmungen miteinander gerne wissen.

VergabeWelt +++ März 2021 +++

+++ VergabeWelt +++ Januar 2020 +++

Alle 2 Jahre wieder… Bereits am 31.10.2019 veröffentlichte die EU-Kommission die neuen Schwellenwerte für EU-weite Vergaben im EU-Amtsblatt. Insgesamt sind die Schwellenwerte in allen 6 Anwendungsbereichen gesunken.
 
Nachfolgend ein Überblick, ab welchem Netto-Auftragswert in den Jahren 2020 und 2021 EU-weite Vergabeverfahren durchzuführen sind.

EU-Schwellenwerte für die Jahre 2020 und 2021

Anwendungsbereich Schwellenwerte 2018/2019 Schwellenwerte 2020/2021
Klassische Richtlinie (2014/24/EU)
Liefer- und Dienstleistungsaufträge der zentralen Regierungsbehörden (obere und oberste Bundesbehörden) 144.000 € 139.000 €
Liefer- und Dienstleistungsaufträge sonstiger öffentlicher Auftragnehmer 221.000 € 214.000 €
Bauaufträge 5.548.000 € 5.350.000 €
Konzessionen (2014/23/EU)
Konzessionsvergaben 5.548.000 € 5.350.000 €
Sektorenrichtlinie und Richtlinie Verteidigung und Sicherheit (2014/25/EU und 2009/81/EG)
Liefer- und Dienstleistungsverträge 443.000 € 428.000 €
Bauaufträge 5.548.000 € 5.350.000 €

(gültig ab 01.01.2020)

 

+++ VergabeWelt +++ November 2019 +++

+++ VergabeWelt +++ November 2019 +++

Die Abwicklung von Ausschreibungen hat grundsätzlich über elektronische Wege zu erfolgen. Die Kommunikation zwischen Auftraggeber und potentiellen Auftragnehmern erfolgt daher regelmäßig über sogenannte E-Vergabe-Systeme. Ein Beschluss der Vergabekammer Südbayern stellt nunmehr Bedingungen an die elektronische Kommunikation, die derzeit Auftraggeber und Plattform-Betreiber in Zugzwang bringen.

(mehr …)